24 Nov 2013
Die Zuschauer-Typologie an einem Halbmarathon
Vergangenes Wochenende habe ich am jährlichen „Frauenfelder“ teilgenommen. Ursprünglich ein reiner Waffenlauf, ist es heute vor allem ein sehr populärer Marathon bzw. Halbmarathorn. Eine Klassifizierung der Zuschauer an den Strassenrändern ist naturgemäss schwierig. Trotzdem habe ich es aus Sicht eines Läufers versucht.
Der Bauer
Das sind vor allem Vertreter der etwas älteren Generation. Als Läufer bekommt man den Eindruck einer Kuh, die in der Herde einen vordefinierten Weg geleitet wird. Die Rufe sind entsprechend, wie wenn eine Horde Kühe gerufen würde: ohaha, uauaua etc.
Die Esoterikerin (meist weiblich)
Vertreter dieser Art stehen voller Bewunderung am Strassenrand. Gelegentlich schliessen sie die Augen und rufen innbrünstig: „Du schaffst das, sehr gut! Ich bin so stolz auf dich!“.
Die Mutter
Eine sehr engagierte Zuschauerin. Sie feuert alle Läufer an. Doch wenn zufällig ihr Favorit durchläuft (meist Sohn, Tochter oder sonst eng verwandt), wird sehr laut, innbrünstig und vor allem, entschuldigt die Widerholung, laut geschrien. Zudem wird ein Teil noch mitgelaufen. Engagement total.
Die Passiven (meist männlich)
Sie telefonieren, langweilen sich, sind meist wegen Frau oder Kind da. Generation verantwortungsvolle Väter.
Die Festbrüder
Diese sind auch als Läufer vorhanden. Sie machen aus allem einen Event. Sie sind treu, stehen jedes Jahr bei Wind und Wetter am selben Ort. Und sind gut ausgerüstet mit Speis und Trank. Manchmals läuft Musik. Manchmal tragen sie witzige Kostüme. Sie sind Teil des Happenings.
Die Normalos
Nun, es ist Sonntag Nachmittag. Sie haben schlicht nichts besseres zu tun, als an den Strassenrand zu stehen und sich beim Abmühen von Läufern zu amüsieren. Sie geniessen die Stimmung, während sie anderen beim Leiden zuschauen.
Wahrscheinlich gibt es noch weitere Kategorien. Ev. ergänze ich gelegentlich. Oder vielleicht schreibe ich nächstes mal über die Läufer-Topologie. Das wäre ebenso spannend.
19 Jan 2014
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Ideenparty und soziale Homophilie
Diese Woche hat mich eine Kollegin an eine sog. „Ideenparty“ eingeladen. Sie hat irgend so einen merkwürdigen „Erfolgs-Workshop“ absolviert und diese „Ideenparty“ war Teil davon. Jedenfalls sind die Workshop-Teilnehmer nach vorne gestanden, haben sich vorgestellt, einen Wunsch geäussert und ebenso ein Hindernis, das sie daran hindert, diesen Wunsch zu realisieren. Dann waren wir Gäste gefragt, Ideen zu liefern, wie diese Probleme gelöst werden können. Es war ein ganz normales Brainstorming – nicht mehr, nicht weniger. Ich kann mir vorstellen, das solche Gruppen, die sich überhaupt nicht kennen und völlig unterschiedliche Hintergründe haben, ganz andere Resultate liefern. Ich stehe solchen Workshops ja sehr kritisch gegenüber. Eine andere Kollegin, der ich davon erzählt habe, hat schon die Augen verdreht als ich das Wort „Ideenparty“ in den Mund genommen habe. Warum habe ich spontan zugesagt, daran teilzunehmen?
Unter sozialer Homophilie versteht man das Verhalten, dass Menschen, die sich ähnlich sind, Gemeinschaften (communities) bilden. Wir alle neigen dazu, uns mit ähnlichen Menschen zu treffen, zu unterhalten oder Beziehungen aufzubauen (sei es Bildungsstand, Gesellschaftsschicht, Interessen etc.). Das ist per se nichts Schlechtes, kann aber zu einem sog. Echo-Kammer-Effekt führen. Das bedeutet: Man nimmt verstärkt wahr, was in diesem persönlichen Umfeld wichtig und relevant ist. Wenn das ausgeprägt ist, bekommt man eine einseitige Einschätzung der Gesellschaft.
Der Versuch, seiner persönlichen (Filter-)Bubble zu entfliehen und sich immer wieder mit anderen Menschen zu unterhalten finde ich für mich sehr wichtig. Wie oft kommt ihr in Gruppen, in denen ihr niemanden kennt? Oder findet ihr diese soziale Durchmischung unnötig? Hättet ihr an der „Ideenparty“ teilgenommen, auch wenn die Menschen da vielleicht völlig andere Hintergründe/Ansichten haben?