18 Aug 2013
Zügeln: Wider der Professionalisierung
Letztes Wochenende ist meine Schwester umgezogen. Die Frage, ob ich dabei mithelfen würde, habe ich ohne zu zögern mit Ja beantwortet. Als ich das einem Kollegen erzählt habe, antwortete er, dass er das nicht machen würde. Seit er 30 Jahre alt sei (ok, das bin ich ja noch nicht ganz) helfe er nicht mehr mit beim Möbel schleppen. Es sei einfach zu mühsam. Oder etwas salopp ausgedrückt: Diese Leute sollen sich gefälligst einen Zügelservice leisten anstatt ihren Kollegen- und Familienkreis zu belästigen.
Klar, man könnte das professionalisieren und an Experten auslagern. Die würden dann mit ihrem genialen Bus vorfahren und uns ihre grosse Stärke und Erfahrung zur Verfügung stellen. Meine Schwester könnte sich das sicher leisten, das ist nicht der Punkt.
Aber es ist für mich auch ein gesellschaftlicher Event. Ich sehe meine Familie, die Freunde meiner Schwester und wir haben ein gemeinsames Projekt. Das kann durchaus Herausforderungen mit sich bringen. Z.b. wie gewisse Möbelstücke transportiert werden, die Organisation im Detail etc. Ich suche lieber eine Lösung und mache ein Happening daraus, anstatt den Möbelwagen kommen zu lassen. Es ist für mich nicht primär Arbeit.
Als Nicht-Zügelnder kann ich natürlich schon von einem Happening sprechen. Ich habe die Arbeit vorher und nachher nicht. Sondern nur einige Stunden im Kreise meiner Familie. Ich würde es sogar als eine Art Team-Bildung bezeichnen.
Allgemein, so habe ich den Eindruck, gibt es eine Tendenz, einfache Arbeiten zu professionalisieren auszulagern, die früher selbstverständlich selbst erledigt wurden. Ich beklage das nicht, überlege mir aber immer, was das für die Gesellschaft für Auswirkungen hat. Der Drang nach enormer Effizienz auch im Privatleben kann auf Kosten der Zufriedenheit gehen. Gerade bei einem Umzug beschäftigt man sich wieder einmal mit anderen Problemen. Wer immer das selbe macht und darin natürlich enorm effizient und gut wird, lebt plötzlich nur noch in seiner eigenen Welt. Und braucht dann plötzlich ein Sabbatical oder wird ein „Aussteiger“.
Gerade Dinge wie das Zügeln finde ich auch eine wichtige Angelegenheit, um sein persönliches Umfeld in die Pflicht zu nehmen und ehrenamtliche Dienste in kleinen Strukturen zu leben. Und somit seine „community“, die auch aus Offlinern besteht, auch offline am Leben teilhaben zu lassen.
25 Aug 2013
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Weiterbildung für den Wägeli-Maa
Zufällig war das Thema dieses Posts heute auf der Frontseite der SonntagsZeitung. Und zwar denkt die SBB laut darüber nach, die Minibars abzuschaffen. Da ich die nachfolgenden Gedanken schon vor einigen Wochen begonnen habe zu formulieren, erstaunt mich die Diskussion nicht. Denn die Verkäufer verstehen meines Erachtens nichts von Verkauf.
Oder anders gesagt: Elvetino sollte dringend in die Weiterbildung der Mitarbeiter investieren. Denn eine grosse Anzahl läuft einfach lustlos durch den Zug. Wenn es hoch kommt wird noch „Mineral, Sandwiches, Kaffee“ gerufen. Mit lustlos ist jedoch nicht langsam gemeint. Im Gegenteil, teilweise rennen sie regelrecht durch die Bahnwagen, als ob sie es möglichst bald hinter sich bringen möchten. Weniger Tempo und genügend Zeit wäre angebracht, denn die viele Reisende sind bereits gestresst. Da sollte wenigstens der Wägeli-Maa etwas Ruhe verbreiten. Jedenfalls beobachte ich immer wieder Leute, die gerne bestellen würden, aber sich regelrecht darum bemühen müssen, etwas bestellen zu dürfen.
Doch was können die Gründe für dieses Verhalten sein? Entweder verdienen sie zu gut oder bekommen zu wenig Provision, sodass ihnen die Kunden egal sein können. Oder aber sie haben noch andere Verpflichtungen (z.B. Arbeiten im Restaurant etc.). Oder sind sind wirklich so schlecht ausgebildet, dass sie es nicht besser wissen. Ich habe keine Ahnung.
Jedoch bin ich der Überzeugung, dass sich Weiterbildung für alle lohnt – Mitarbeiter und Unternehmen. Gerade in diesem Bereich wäre durch eine einfache Verkaufs-Weiterbildung einiges mehr Umsatz zu generieren. Für die Mitarbeiter würden sich Perspektiven und auch bessere Chancen für die Zukunft ergeben. Gerade für eher schlecht ausgebildete Mitarbeiter ist das enorm wichtig. Und man sollte die Menschen niemals unterschätzen. In den meisten steckt viel Potential. Gerade in einer Welt wie der heutigen können sich Menschen in alle Berufsrichtungen hin entwickeln.
Natürlich gibt es auch Ausnahmen. Verkäufer, die mit einem Lächeln, einer ruhigen Ausstrahlung und im Optimalfall etwas Humor einen wohltuenden Kontra-Punkt setzen.